Nachdem sie beinahe in Vergessenheit geraten waren und manchmal sogar verunglimpft wurden, erleben die Hausmittel unserer Großmütter ein regelrechtes Comeback. Die kleinen Wehwehchen des Alltags mit Pflanzen zu lindern, liegt im Trend. Es zeigt unsere Sehnsucht nach mehr Natürlichkeit. Die gute Nachricht ist, es ist einfach, Heilpflanzen auf dem Balkon oder der Terrasse anzubauen. Du brauchst keinen großen Garten, um von der sanften, aber nicht weniger wirksamen Heilkraft von Pflanzen zu profitieren.
Eine Warnung vorab: Pflanzen können die Symptome von Alltagsbeschwerden wie Erkältungen oder Verdauungsproblemen lindern. Sie können jedoch nicht die Medikamente ersetzen, die bei schweren Erkrankungen benötigt werden.
Dies bedeutet nicht, dass sie nicht wirksam sind. Sie können (genauso wie manchmal banale Lebensmittel) sogar Wechselwirkungen mit Medikamenten haben. Es wird daher empfohlen, einen Arzt um Rat fragen, wenn man Medikamente einnimmt und regelmäßig Pflanzen einsetzen möchte. Schließlich sollten Pflanzen nicht länger als 3 Wochen hintereinander in großen Mengen konsumiert werden, um einen Gewöhnungseffekt zu vermeiden.
Welche Heilpflanzen kannst du auf dem Balkon anbauen?
Noch eine gute Nachricht: Wenn du schon ein paar Kräuter auf deinem Balkon hast, hast du wahrscheinlich auch Heilpflanzen in deinen Blumentöpfen. In der Tat sind viele dieser Pflanzen sehr verbreitet und dürfen daher in keinem Zuhause fehlen. Die meisten von ihnen werden in Form von Tee konsumiert. Um die in deinen Pflanzen enthaltenen ätherischen Öle zu erhalten, solltest du sie dabei immer abdecken, wenn du sie ziehen lässt.
2 in 1″-Pflanzen: von der Küche zur Hausapotheke
Die Verwendung von Kräutern in der Küche ist primär dazu gedacht, unseren Gerichten mehr Geschmack zu verleihen. Sie geben Ihnen das gewisse Etwas, aber nicht nur. Traditionell werden nicht zufällig bestimmte, verdauungsfördernde Kräuter in Gerichten verwendet, die reichhaltiger und schwerer verdaulich sind. Viele Küchenkräuter haben sogar das Suffix „officinalis“ in ihrem wissenschaftlichen Namen. Das ist auch kein Zufall…
Zu den Küchenkräutern mit heilenden Eigenschaften gehören:
Der Thymian (Thymus vulgaris)
Thymian ist besonders wirksam gegen Erkältungen und Husten. Es kann als Gurgelmittel (bei Halsschmerzen), zum Inhalieren oder als Tee (bei Husten), eventuell mit etwas Honig, verwendet werden. Für den Tee nimmt man einen Teelöffel getrocknete Blätter für eine Tasse und lässt sie 10min ziehen.
Thymian ist eine winterharte, mehrjährige Pflanze. Sie braucht einen trockenen, gut drainierten Boden und einen vollsonnigen Standort. Sie ist ansonsten leicht zu kultivieren. Um mehr zu erfahren, kannst du dir auch das Porträt vom Thymian auch anschauen.
Der Salbei (Salvia officinalis)
Salbei ist vielseitig einsetzbar. Es wird vor allem bei Halsschmerzen, Verdauungsproblemen und Insektenstichen eingesetzt.
Zur Zubereitung eines Tees (als Gurgelmittel gegen Halsschmerzen oder vor den Mahlzeiten gegen Magenschmerzen zu trinken) nimmt man 3 bis 4 Blätter für eine Tasse und lässt sie 10 Minuten ziehen. Nicht jeder mag seinen starken Geschmack und er sollte nicht über einen längeren Zeitraum konsumiert werden, auch nicht während der Schwangerschaft und Stillzeit.
Zur Schmerzlinderung bei Insektenstichen kannst du einige Blätter für 2min in heißes Wasser legen. Anschließend legst du die noch heißen Blätter auf den Stich.
Der Salbei ist wie der Thymian mediterranen Ursprungs und er liebt sonnige Lagen und durchlässige Substrate. Sein Wasserbedarf ist allerdings etwas höher als der ihres Vetters… Darüber hinaus ist er einfach zu kultivieren, mehrjährig und winterhart. Sein Porträt findest du hier.
Der Rosmarin (Rosmarinus officinalis)
Dieses bekannte Küchenkraut beendet unsere Serie der mediterranen Heilpflanzen. Seine Verwendung in vielen Gerichten zeugt von seinen verdauungsfördernden Eigenschaften. Er kann aber auch gegen Erkältungen eingesetzt werden, wiederum als Tee. Dazu lässt man einen Esslöffel getrockneten Rosmarin 15 Minuten lang ziehen. Aber Vorsicht: Rosmarin ist anregend, trinke ihn also nicht vor dem Schlafengehen.
Auch er ist mehrjährig. Er ist weniger winterhart als Thymian und Salbei und verträgt vor allem im Winter keine Feuchtigkeit. In der Sonne, in einem nährstoffarmen und gut drainierten Substrat, benötigt er wenig Pflege. Sein Porträt findest du in diesem Artikel.
Die Minze (Mentha)
Minze ist für ihre anregenden Eigenschaften bekannt. Sie hilft auch bei Reisekrankheit und Stresszuständen. Sie kann auch beim Abnehmen unterstützend wirken. Sowohl die frischen als auch die getrockneten Blätter werden als Tee verwendet, der von Schwangeren und in der Stillzeit nicht getrunken werden sollte.
Der Anbau dieser Heilpflanze im Topf ist sehr zu empfehlen, auch wenn du einen Garten hast. Denn sie neigt zum Wuchern, da wo es ihr gefällt.
Sie mag sonnige, aber nicht zu heiße Standorte sowie Halbschatten. Sie bevorzugt einen frischen, nährstoffreichen Boden und braucht sehr regelmäßige Wasser. In diesem Artikel findest du mehr Informationen darüber, wie man sie pflegt. Sie ist mehrjährig und im Prinzip winterhart, aber Vorsicht, das sind nicht alle Sorten.
Die Zitronenmelisse (Melissa officinalis)
Zitronenmelisse ist nicht nur in Desserts und Obstsalaten köstlich. Sie hat auch beruhigende Eigenschaften und hilft gegen Kopfschmerzen. Darüber hinaus fördert sie die Kreativität und die Konzentration. Ihre frischen oder getrockneten Blätter werden auch als Tee getrunken. Schließlich lindern die frischen Blätter, zwischen den Fingern zerdrückt, die durch Insektenstiche verursachten Schmerzen.
Wie ihre nahe Verwandte, die Minze, wird sie an hellen, aber nicht heißen Standorten kultiviert. Auch sie braucht regelmäßig Wasser.
Schön und wirksam: die Heilblüten
Wenn du Heilpflanzen im Topf kultivieren willst, musst du dich nicht auf den Anbau von Kräutern beschränken. Denn viele blühende Pflanzen haben ebenfalls interessante Eigenschaften, obwohl sie manchmal ein wenig in Vergessenheit geraten sind. Sie alle zu nennen, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Ich werde also hier nur zwei näher beschreiben, die meiner Meinung nach am einfachsten im Topf zu kultivieren und zu gebrauchen sind.
Der Lavendel (Lavandula angustifolia)
Wahrscheinlich kennst du dieses Hausmittel schon. Bei Einschlafschwierigkeiten gibt man einfach ein mit ein paar Tropfen ätherischem Lavendelöl benetztes Taschentuch auf den Kopfkissen. Denn Lavendel hat eine beruhigende Wirkung. Um einen köstlichen, entspannenden Kräutertee zuzubereiten, lässt man 1 Teelöffel getrocknete Blüten pro Tasse 10 Minuten lang ziehen.
Aber Lavendel hat mehr als einen Trick im Ärmel und verfügt über weitere Eigenschaften. Als Gesichtswasser verwendet, beruhigt und reinigt er unreine Haut. Dazu legt man frische Lavendelblüten eine Woche lang in einem hochwertigen Essig ein. Schüttle von Zeit zu Zeit die Flasche und seihe die Mischung schließlich ab, bevor du sie verwendest.
Der Lavendel, dessen Porträt du hier findest, mag trockene, magere Böden und sonnige Standorte. Außerdem ist er mehrjährig und winterhart.
Die Echte Kamille (Matricaria chamomilla oder Matricaria recutita)
Wir alle kennen den klassischen Kamillentee und seine verdauungsfördernden Eigenschaften. Aber Kamille ist auch entzündungshemmend. Sie kann zum Inhalieren oder zur Hautpflege verwendet werden. Hast du trockene oder durch Gartenarbeit rissige Hände? Gönne ihnen ein wohltuendes Kamillenbad. Dazu lässt man 2 Esslöffel Kamillenblüten (wenn möglich frische oder getrocknete) 10 Minuten in einem halben Liter kochendem Wasser ziehen. Anschließend abkühlen lassen und 2 Esslöffel Olivenöl hinzufügen, wenn die Wassertemperatur angenehm ist. Bade deine Hände 20 Minuten lang in dieser wohltuenden Mischung. Wenn du jedoch gegen Korbblütler allergisch bist, solltest du Kamille nicht verwenden.
Die Echte Kamille ist auf dem Balkon einfach anzubauen. Sie ist einjährig und blüht von Mai bis Oktober. Auch sie liebt sonnige Lagen und leichte, aber nährstoffreiche Substrate. Sie braucht regelmäßig Wasser.
Exotische Heilpflanzen: Wurzeln und Rhizome
Zum Abschluss wollen wir noch ein exotischeres Exemplar näher betrachten. Die bisher vorgestellten Pflanzen werden wegen ihrer Blätter oder ihrer Blüten angebaut. Aber bei anderen ist wiederum der unterirdische Teil interessant, also die Wurzeln oder Rhizome. Dies ist zum Beispiel bei Ingwer der Fall.
Der Ingwer (Zingiber officinale)
Ingwer ist eine wichtige Zutat der asiatischen Küche. Aber nicht nur! Bekannt sind auch seine entzündungshemmenden, anregenden und gegen Übelkeit wirkenden Eigenschaften. Ein Ingwer-Tee mit Zitrone ist eine sehr aufmunternde Mischung, wenn man sich platt fühlt. Die Zubereitung ist sehr einfach. Schäle für eine Tasse ca. 1 cm Ingwer und schneide ihn in Scheiben. 10 Minuten ziehen lassen, nach Bedarf etwas Zitronensaft und Honig hinzufügen. Fertig ist der Energy-Drink!
Ingwer ist eine tropische Pflanze, die zum Wachsen Wärme und Feuchtigkeit benötigt. Nachdem du ein gesundes, im Handel gekauftes Rhizom gepflanzt hast (vorzugsweise in Bioqualität), stelle ihn im Sommer auf den Balkon. Vergiss nicht, ihn wieder reinzuholen, wenn die Temperatur unter 10°C fällt. Ingwer braucht ein reichhaltiges Substrat und regelmäßiges, aber nicht übermäßiges Gießen. Da die Pflanze eher in die Breite als in die Tiefe wächst, wähle einen Topf, der breiter als tief ist. Nach etwa 6 Monaten kannst du die ersten Rhizome ernten und den Vorgang so oft du willst wiederholen.
Einige Tipps für den Anbau von Heilpflanzen im Topf
Wenn du deine Heilpflanzen auf dem Balkon anbaust, kannst du deren Qualität und Herkunft kontrollieren. Es versteht sich von selbst, dass der biologische Anbau ohne chemische Düngemittel und Pestizide sehr zu empfehlen ist. Es wäre schade, die natürlichen Eigenschaften dieser Pflanzen mit Chemikalien zu verderben! Alle oben vorgestellten Arten sind einfach zu kultivieren und benötigen wenig Pflege. Sie sind auch resistent gegen Krankheiten und Schädlinge.
Die bevorzugte Methode zum Konservieren von Blättern und Blüten ist das Trocknen (mehr über das Konservieren von Kräutern erfährst du in diesem Artikel). Da sie vor diesem Vorgang nicht gewaschen werden, vermeide für deine Heilpflanzen besonders staubige Orte oder die Nähe von stark befahrenen Straßen.
Umso gesünder wachsen die Pflanzen und umso höher ist ihr Gehalt an Wirkstoffen, wenn sie unter idealen Bedingungen wachsen. Achte deshalb auf die natürlichen Bedürfnisse der Pflanzen, ob es sich um Wasser, Nährstoffe oder Sonnenlicht handelt.
Wie du siehst, musst du nicht weit gehen, um deine eigenen Heilpflanzen anzubauen. Mit ein paar Töpfen bist du bereits gegen viele Wehwehchen des Alltags gewappnet, und dies auf natürliche und kostengünstige Art und Weise. Genieße einen selbstgemachten Kräutertee, vielleicht sogar eine selbst komponierte Mischung. Einfach köstlich!
Und du, baust du vielleicht bereits Heilpflanzen auf deinem Balkon an? Und wie verwendest du sie? Teile deine Rezepte und Tipps in den Kommentaren. Wir sind gespannt, mehr zu erfahren.
Großes Foto von Massimo Rinaldi auf Unsplash